Die Suche endet (erst mal) in Fassungslosigkeit

Mittlerweile habe ich Vincent über die ganzen Hintergründe der verschiedenen Familien-Zusammenstellungen und auch über die Tatsache aufgeklärt, wie sein großer Bruder Raphael 2014 ums Leben kam..

Er nahm es relativ nüchtern auf, eben irgendwie emotionslos und rational – kann man autistisch dazu sagen? Andererseits arbeitet es in seinem kleinen Köpfchen arg, denn er nimmt das Thema mit in die Schule und in die HPT, bringt dort seine Gedanken zur Sprache und erzählt über das, was er von mir erzählt bekam.

Er äußerte nun den Wunsch mir gegenüber, Raphaels Grab zu besuchen. Er würde seinem großen Bruder gerne ein Blümchen hinlegen und ein Kerzchen entzünden.

Ich selber war bisher nicht in der Lage, das Grab zu besuchen. Einerseits weiß ich nicht mal, wo es sich befindet (ich habe niemals eine genaue Information bekommen, geschweige denn ein Sterbebildchen!) und andererseits war ich nie ein Friedhofsgänger, denn Trauer trägt man im Herzen genauso wie die Erinnerungen..

Ich weiß noch, wie es damals am Tag der Beerdigung war: ich stand neben der Spur, von Trauer und Wut und Ohnmacht beherrscht. Dann waren meine Eltern aus NRW hier zu Gast, denn Joséphine wurde am Tag der Beerdigung zwei Jahre alt. Und dann noch diese schrecklichen Blutungen und Krämpfe, welche meine Fehlgeburt begleitet haben. Ich wäre körperlich und seelisch gar nicht in der Lage gewesen, zu dieser Beisetzung zu fahren..

Ich hab ja mittlerweile schon so einige Blogbeiträge über Raphael und meine Trauer gepostet und dachte eigentlich, mich kann kaum mehr was erschüttern. Aber ich bin momentan echt fassungslos! Und auch irgendwie wieder wütend!

Da ich leider bisher ergebnislos bei einigen Friedhofsverwaltungen und Pfarreien rund um München angefragt habe, wo sich das Grab befindet, habe ich all meine Enttäuschung von damals zurück gestellt und Kontakt zu Raphaels Opa mütterlicherseits aufgenommen, nur um Vincents Herzenswunsch erfüllen zu können! Ich möchte dieses Grab finden!

Hallo xxxxx,

sicher wirst du dich wundern, wieso ich dir schreibe.

Es sind nun fast 5 Jahre vergangen, seit Raphaels Tod und ich habe lange gebraucht, um es zu verarbeiten.

Nun ist auch Vincent älter geworden und wie auch Raphael damals ist auch Vincent sehr aufgeweckt und neugierig. Er ist mit dem Wissen aufgewachsen, dass er einen Bruder hatte, dass dieser im Himmel ist und dass er viele Gemeinsamkeiten mit seinem großen Bruder hat.

Nun war es an der Zeit gewesen, Vincents Fragen zu beantworten – quasi alles! Wer sein biologischer Vater war, wie Raphael starb, was genau passiert ist damals. Und nun, wo er alles weiß, möchte Vincent seinen Bruder besuchen. Er möchte ihm ein Kerzchen anmachen und ein Blümchen bringen – und das würde ich ihm gerne ermöglichen.

Leider ist mir nicht möglich, das Grab zu finden ohne deine Hilfe. Ich habe es über einige Pfarreien und Ämter versucht, aber scheinbar habe ich die falschen Orte dafür im Kopf. Vom Bürgerbüro in Hallbergmoos kommt leider keine Rückmeldung und telefonisch komme ich da nicht durch.

Würdest du mir eine Adresse des entsprechenden Friedhofs und eine ungefähre Wegbeschreibung senden?

Mit freundlichen Grüßen

L.S. Lüttgens

Tja, soweit nichts verwerfliches und absolut bittstellend und höflich formuliert, oder?

Zurück kam eigentlich nur vorwurfsvolles und verurteilendes BlaBla, bei dem mir mit jeder Zeile übler wurde! Mir wurde quasi zum Vorwurf gemacht, dass ich damals nicht auf der Beerdigung war und dass man gerne einen Termin finden kann, mich dort zu treffen um mir ggf den Weg dorthin zu zeigen – wenn es denn weiterhin Vincents Herzenswunsch bleibe..

Sowas herablassendes habe ich nicht erwartet und es verschlägt mir einfach die Sprache!

Wenn Vincent nicht wäre, würde ich sicher immer noch nicht den geringsten Wunsch hegen, das Grab zu besuchen!

Ich bin echt sauer!

Das muss ich jetzt erst mal verdauen!

Danke fürs Lesen..

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert