Der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist kein höfliches Gedenken, sondern ein klarer Schnitt im Kalender.
25. November
Er zwingt uns, hinzusehen – ohne Ausweichbewegung, ohne Beschönigung. Denn Gewalt gegen Frauen ist kein Randthema, sondern eine weltweite Realität, die sich durch alle Schichten, Kulturen und Systeme zieht. Jede zweite Frau erlebt körperliche oder sexualisierte Gewalt. Eine Zahl, die nicht veralten darf, weil sie das Ausmaß einer strukturellen Wunde markiert.
Dieser Tag erinnert uns daran, dass „Nein“ oft nicht ausreicht, dass Grenzen übergangen werden, dass Femizide nicht plötzlich geschehen, sondern das Ende einer Spirale sind, die lange vorher beginnt: mit Machtgefällen, mit sexistischer Sprache, mit Abhängigkeiten und fehlendem Schutz. Er fordert Staaten auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen, Schutzsysteme zu stärken, Rechtswege zu öffnen, Lücken zu schließen. Er fordert von uns allen, nicht wegzuschauen – denn Schweigen ist immer ein Bündnis mit dem Täter.
Gleichzeitig ist dieser Tag ein stilles Versprechen. Er sagt jeder Frau: Du bist nicht allein. Deine Erfahrung ist real. Es gibt eine Welt, in der du ohne Angst leben kannst – und sie beginnt dort, wo wir anfangen, hinzusehen und zu handeln.
Warum gerade der 25. November?
- Das Datum ist bewusst gewählt. Es erinnert an die Mirabal-Schwestern, dominikanische Aktivistinnen, die am 25. November 1960 vom Regime Trujillos ermordet wurden – ein politischer Femizid, der weltweit erschütterte.
- Feministische Gruppen aus Lateinamerika und der Karibik erklärten deshalb 1981 auf ihrem ersten großen Treffen in Bogotá genau diesen Tag zum Gedenk- und Aktionstag gegen Gewalt an Frauen.
- Im Jahr 2000 übernahm die UN-Generalversammlung dieses Datum offiziell und erklärte den 25. November zum International Day for the Elimination of Violence against Women. Grundlage war die Resolution 54/134.
- Bereits 1993 hatte die UN mit der „Declaration on the Elimination of Violence against Women“ einen ersten globalen Rahmen geschaffen.
Startpunkt der „16 Days of Activism“
Der 25. November ist zugleich der Auftakt der weltweiten Kampagne „16 Days of Activism Against Gender-Based Violence“, die am 10. Dezember – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – endet. Sie verbindet Frauenrechte unmissverständlich mit Menschenrechten.
16 Tage gegen Gewalt an Frauen – Ein Aufruf zum Hinsehen:
- 25. November – Wir beginnen: den internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Ein Licht für die, die zu lange im Schatten standen.
- 26. November – Wir öffnen Augen für häusliche Gewalt. Dort, wo Mauern stillschweigend mitschauen.
- 27. November – Kinder und Jugendliche: Zeugen, Opfer, Überlebende. Ihre Stimmen zählen.
- 28. November – Arbeit ist kein Freiraum für Machtmissbrauch. Gewalt am Arbeitsplatz benennen.
- 29. November – Recht auf Schutz, Recht auf Sicherheit – für jede Frau, überall.
- 30. November – Medien, Worte, Bilder: Wie wir Gewalt sichtbar oder unsichtbar machen.
- 01. Dezember – HIV/AIDS und Gewalt: Schnittstellen, die niemand übersehen darf.
- 02. Dezember – Bildung ist Schutz. Wissen ist Macht.
- 03. Dezember – Psychologische und soziale Hilfe für Überlebende – ein Rettungsanker in stürmischen Zeiten.
- 04. Dezember – Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung stoppen – Freiheit ist nicht verhandelbar.
- 05. Dezember – Krieg, Flucht, Migration: Gewalt kennt keine Grenzen, wir auch nicht.
- 06. Dezember – Femizide: jede Zahl ein verlorenes Leben, jede Prävention ein Schritt nach vorn.
- 07. Dezember – Gewalt in Partnerschaften und Familien: Schluss mit dem Schweigen hinter verschlossenen Türen.
- 08. Dezember – Gleichstellung und Empowerment: das Fundament für eine gerechtere Welt.
- 09. Dezember – Politische Teilhabe: Stimme erheben, Macht teilen, Gerechtigkeit einfordern.
- 10. Dezember – Internationaler Tag der Menschenrechte: Die 16 Tage enden, doch die Verantwortung bleibt.
Ein Tag, der mehr verlangt als Betroffenheit
Dieser Tag ist ein Prüfstein für jede Gesellschaft. Er erinnert uns daran, dass Gesetze allein nicht reichen, wenn Haltung fehlt. Er fordert bessere Versorgung, sichere Räume, glaubwürdige Ermittlungen. Er fordert Bildung, Prävention und eine Sprache, die Gewalt nicht relativiert. Vor allem aber fordert er, dass Frauen nicht länger lernen müssen, ihre Angst zu verwalten.
Es ist eine Einladung, die Welt zu verändern, indem wir die Realität endlich beim Namen nennen.



