Im Jahr 2001 wurde ein neuer Paragraph § 1631 im bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben:
Der „neue“ §1631 bGb ist also schon seit über 20 JAHREN im BGB und lautet:
„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“
Wir befinden uns im Jahr 2024! Da sollte man eigentlich meinen, dass wir das Mittelalter langsam mal hinter uns gelassen haben, oder? ODER?
Ok, wir wissen ja schon echt zu gut, dass das Bildungssystem noch weit entfernt ist von der Umsetzung des Gesetzes, aber Kollektiv- und Einzelstrafen vor der Klasse? Echt jetzt? Und es gibt tatsächlich Lehrkräfte und sogar auch Eltern, die das völlig normal finden und auch tolerieren?
Ich kann nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte!
Wenn ein Kind (oder mehrere) als störend wahrgenommen wird (wir wissen alle, dass die Wahrnehmung individuell ist), dann gibt es Konsequenzen. Konsequenzen sind nichts anderes als Strafen – wenn man es mal genauer Betrachtet!
Schließlich ist das Abschreiben von Texten eine völlig sinnbefreite und überhaupt nicht nachvollziehbare Konsequenz von ungewünschtem Verhalten eines Schulkindes.
Kinder mit einer ADHS haben zum Beispiel das große Problem, dass sie in der Schule immer wieder stören, nicht, weil sie das absichtlich tun, sondern weil es vollkommen gegen ihrer Natur ist, über mehrere Schulstunden still zu sitzen und weil ihr Gehirn bei bestimmten Aufgaben nicht bei der Sache bleibt!
Selbst Vera F. Birkenbihl hat darüber mal in einem ihrer Bücher geschrieben, dass zum Beispiel Mädchen in der Grundschule prima klar kommen mit Frontalunterricht, während Jungen eher die experimentierfreudigen Macher sind. Im Laufe der Schuljahre wechselt dieses Phänomen komplett, dann sind im Alter von 12/13 Jahren (also 5-6. Klasse) die Mädchen eher die experimentierfreudigen Macherinnen und die Jungs fangen an, sich alles geschriebene einzuprägen und zu lesen.
Halten wir also mal fest:
Sie stören – aber nicht mit Absicht!
Es braucht eine Lösung – keine Strafen!
Eine Lösung der Schule schaut leider bei unseren Kindern an der Mittelschule in Fuchstal wie folgt aus:
Selbst in der Grundschule (selbe Schulleitung/ Selbes Sekretariat wie bei der Mittelschule) gibt es „Nachdenkaufgaben„.
- Nachdenk-Aufgabe (Grundschule 1.-3. Klasse/ PDF)
- Abschreib-Aufgabe (Grundschule 4. Klasse/ PDF)
- Abschreibe-Strafarbeit „Vergesslichkeit“ (Mittelschule ab 5. Klasse ff./ PDF, ich habe auch davon schon mal berichtet)
Und es gibt sicher noch viele weitere Möglichkeiten, einen Schüler oder eine Schülerin zu schikanieren und vor der gesamten Klasse bloßzustellen. Ich möchte es mir nicht ausmalen! Wieso muss dann mit Namen der „Störenfriede“ an der Tafel und mit Strafarbeiten Macht ausgeübt werden? Auch das ist eine herabwürdigende und seelische Verletzung in meinen Augen!
Wieso wird einem Kind (oder mehreren) ein Strick draus gemacht, wenn sie mal wieder nicht so funktionieren, wie das schrullige und veraltete System es so verlangt? Und was sollen solche Strafen und herabwürdigende und bloßstellende Maßnahmen bewirken? Was soll das Kind dadurch Positives lernen?
Mit jeder Konsequenz, dieser Strafen, wird ein Kind weiter aus dem Klassenverband entfremdet und jedes Mal wackelt die Beziehung zwischen dem Kind und der Lehrkraft. Und wenn sich dann dieses Verhalten des störenden Kindes nicht verändert, wird es vermutlich dann irgendwann mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Schule geworfen mit dem Zusatz:
„Die Schule hat ihr bestmögliches getan und das Kind ließ sich nicht erziehen.“
Wenn ein Kind sich nicht verbessern kann, im Sinne der Erwartungen, die die Lehrkraft hat, dann macht das was mit dem Selbstwert des Kindes! Solche Methoden gehören an Schulen verboten! Sie sind nachweislich schädigend und haben keinen positiven Effekt auf eine Lerngruppe!
Vielleicht sollte ich diesen, ja genau diesen Text der Lehrkraft meiner Tochter mal zukommen und diesen abschreiben lassen! Ob sie dabei wohl auch einen positiven Lerneffekt hat? Ich bezweifle es stark! Aber meine Wut wäre vermutlich ein wenig verraucht und die Lehrkraft könnte mal einen Moment darüber nachdenken, ob sie MIT den Kindern arbeiten möchte oder GEGEN sie!
Und nun noch mal zum Schluss:
Ich wünsche einen wundervollen Scheißtag!
Nachtrag 24.11.2024:
Natürlich habe ich am 22.11. einen Brief an entsprechende Lehrkraft, an die Schulleitung und an die Schulpsychologin versendet:
Sehr geehrte Lehrkraft,
ich wende mich an Sie, um auf wiederholt berichtete Vorfälle in der Klasse meiner Tochter hinzuweisen, die aus meiner Sicht sowohl pädagogisch fragwürdig als auch rechtlich problematisch sind. Dieses Schreiben geht ebenfalls in Kopie an die Schulleitung und die Schulpsychologin.Meine Tochter Joséphine hat mir berichtet, dass in Ihrer Klasse regelmäßig Strafarbeiten verhängt werden. Dies ist mir ja schon aus der Klasse meines Sohnes Vincent bekannt. Konkret schilderte sie eine Situation, in der sie zu einer solchen Maßnahme gezwungen wurde, obwohl sie nach eigener Aussage weder den Unterricht gestört noch sich anderweitig regelwidrig verhalten hat. Ich möchte dies zum Anlass nehmen, auf einige rechtliche und pädagogische Aspekte hinzuweisen:
Gemäß § 1631 Absatz 2 BGB haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Dies umfasst nicht nur körperliche Strafen, sondern schließt ausdrücklich auch entwürdigende und seelisch verletzende Maßnahmen aus. Dazu gehören insbesondere Kollektivstrafen oder Maßnahmen, die Kinder vor der Klasse bloßstellen.
Darüber hinaus gelten gemäß Schulrecht und pädagogischer Praxis folgende Grundsätze:
- Strafarbeiten müssen verhältnismäßig und pädagogisch sinnvoll sein. Sie sollen Einsicht fördern, jedoch keine reine Schikane darstellen. Das wiederholte Abschreiben eines Satzes gilt nicht als sinnvolle Maßnahme.
- Kollektivstrafen sind unzulässig. Es darf nicht die gesamte Klasse oder eine Gruppe bestraft werden, wenn nur Einzelne Fehlverhalten zeigen.
- Strafmaßnahmen müssen nachvollziehbar und begründet sein. Vor ihrer Verhängung sollte sowohl das betroffene Kind als auch – bei schwerwiegenderen Konsequenzen – die Eltern informiert werden.
Laut meiner Tochter wurde sie kürzlich dazu aufgefordert, eine Klassenregel mehrfach aufzuschreiben, obwohl sie nicht aktiv am Unterrichtsgeschehen beteiligt war. Diese Maßnahme erfolgte ohne vorherige Klärung, welches Verhalten den Anlass bot, und führte bei ihr zu erheblichem emotionalem Stress. Solche Methoden entsprechen weder den rechtlichen noch den pädagogischen Anforderungen und widersprechen dem Prinzip einer wertschätzenden Erziehung. Weiterhin hat meine Tochter den Eindruck geäußert, dass Sie Schwierigkeiten haben, die Namen der Kinder korrekt zuzuordnen. Dies mag bei einer neuen Klasse verständlich sein, führt jedoch dazu, dass Schülerinnen und Schüler den Eindruck gewinnen, nicht individuell wahrgenommen zu werden. Dieser Umstand kann das Vertrauen zwischen Lehrkraft und Klasse beeinträchtigen und die Akzeptanz von pädagogischen Maßnahmen erschweren.
Ich bitte Sie höflich, aber nachdrücklich:
Verzichten Sie künftig auf Strafmaßnahmen, die gegen geltende Gesetze und pädagogische Prinzipien verstoßen. Stellen Sie sicher, dass vor der Verhängung von Maßnahmen der Sachverhalt mit den betroffenen Kindern besprochen wird. Sollten sich ernsthafte Verstöße zeigen, informieren Sie bitte umgehend die Eltern – auch ich bin jederzeit telefonisch oder per E-Mail erreichbar, um über das Fehlverhalten meiner Kinder mit Ihnen zu sprechen. Bitte nicht über den Schulmanager, denn dieser ist unzuverlässig für eine zeitnahe Kommunikation!Überdenken Sie Ihre Herangehensweise an Disziplinarmaßnahmen, um eine förderliche Lernatmosphäre zu schaffen, die auf Respekt und Vertrauen basiert. Sollten sich die beschriebenen Vorfälle wiederholen, sehe ich mich gezwungen, diese erneut an die Schulleitung sowie an übergeordnete Stelle (Schulamt) weiterzuleiten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bin zu einem konstruktiven Dialog bereit.
Mit freundlichen Grüßen,
Ich bin mal gespannt, wie die weiteren Wochen in der Schule verlaufen. Parallel hat meine Tochter tatsächlich einen Hilfe-Brief abgeschickt, den man über die Werner-Bonhoff-Stiftung verschicken kann. Und wir würden es wieder tun!